Bewerten und Abwägen – so machen es Kunden

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So wird das Spannungsfeld skalierbar

Eine zentrale Frage ist immer, wie Kunden bewerten und abwägen. Beobachten wir Entscheidungen und den zugrundeliegenden Prozess, dann wird schnell klar, Menschen bewegen sich bei ihren Entscheidungen immer zwischen zwei Polen. Das hat zur Folge, dass jede Entscheidung entweder einen Schritt zu etwas hin oder von etwas weg bedeutet. An anderer Stelle habe ich diese beiden Pole unter anderem als Schmerz und Freude bezeichnet, doch jede andere Bezeichnung funktioniert auch, solange diese zwei extreme Pole definieren.

Die Bewertung passiert zwischen den Polen

Allerdings ist dieses Prinzip sehr abstrakt. Um es in der Praxis einzusetzen brauchen wir eine Hilfestellung. 

Diese gibt es. Verbinden wir beide Pole gedanklich mit einer Geraden. Auf dieser Verbindung können wir nun eine eigene Bewertungsskala aufbringen. In der Praxis hat sich hierbei eine Skala bewährt, die auf der linken Seite bei 

  1. – 9 beginnt, 
  2. in der Mitte als neutralen Punkt 0 hat und
  3. auf der rechten Seite bei + 9 endet.

Mit Hilfe dieser Skala lassen sich nun unterschiedliche Zustände einer bestimmten Position zuordnen und bewerten. Dadurch wird aus einem abstrakten Konzept ein relativ gut abschätzbarer Prozess. Natürlich ist diese Bewertung meist recht willkürlich. Allerdings lassen sich die einzelnen Werte durchaus auch auf Basis von konkreten Zahlen, Daten und Fakten bewerten, die beispielsweise über Google Analytics ausgeworfen bzw. mittels Umfragen oder wissenschaftlicher Untersuchen ermittelt werden. Egal, welche Methode letztlich gewählt wird, entscheidend ist, dass ein bestimmter Datenpunkt auf der jeweiligen Position innerhalb der Skala besetzt wird.

Sicherlich klingt das gerade noch immer sehr abstrakt und kompliziert. Schauen wir uns deshalb das Konzept dieser Skala einmal an zwei praktischen Beispielen genauer an. Ich verspreche, Bewerten ist am Ende ganz einfach.

RyanMcGuire / Pixabay

Beispiel 1: So bewerten sie die Zufriedenheit ihrer Kunden

Beim ersten Beispiel geht es darum, die Zufriedenheit ihrer Kunden zu bewerten. Oft wird genau diese Frage Kunden im Rahmen einer Umfrage gestellt. Meist soll der Kunde hierbei eine Bewertung in Schulnoten oder eine Bewertung in Punkten von 1 bis 5 oder 1 bis 10 abgeben. Doch meiner Auffassung nach bildet diese Auswahl die Zufriedenheit nicht vollständig genug ab.

Gibt man dem Kunden jedoch die Wahl, zwischen – 9, 0 und + 9. Hierbei bedeutet – 9 total unzufrieden, 0 für neutral steht und + 9 als extrem zufrieden gewertet wird. Gedanklich funktioniert diese Bewertung nun wie eine Waage. 

Das hat erfahrungsgemäß drei Vorteile:

  1. Die Bandbreite ist für Kunden sehr viel angenehmer, denn sowohl im negativen, als auch im positiven Bereich gibt es mehr Spielraum.
  2. Da die Wahl auf beiden Seiten in einem ungeraden Zahlenraum passiert, kann es sich niemand leicht machen, indem er die goldene Mitte wählt. Wobei natürlich jeder auch die 0 als neutralen Wert angeben kann, doch das passiert meist nicht, so dass man meist irgendwo auf der Skala im positiven oder negativen Raum einen Wert erhält.
  3. Auf Basis der von Kunden bestimmten Position lässt sich zusätzlich leicht ermitteln, was getan werden kann, um den Wert zu verändern bzw. zu verbessern. Dazu gleich mehr.

Natürlich ist diese Ermittlung der Zufriedenheit dicht dran an der klassischen Umfrage. Doch auch und gerade im persönlichen Gespräch lässt sich die Bewertung abfragen. Ich empfehle eh immer das persönliche Gespräch mit Kunden. Hier lässt sich leicht die Frage nach der Bewertung einbringen. 

Sprechen Sie mit ihren Kunden

maxmann / Pixabay

Das könnte dann beispielsweise so klingen: „Wie zufrieden sind sie mit ihrer Entscheidung, wenn sie diese auf einer Skala von – 9, 0 und bis +9 bewerten? Stellen sie sich diese Bewertung einfach wie eine Waage vor.“

Spätestens jetzt beginnt der Kunde zu überlegen und findet meist aus dem Bauch heraus rein intuitiv eine entsprechende Bewertung. Stellt man diese Frage systematisch bei jeden Kundengespräch, dann erhält man hier ein gutes Gefühl dafür, welchen Stand man beim Kunden hat. 

Bleibt in diesem Beispiel noch der Punkt 3 aus der Aufzählung, nämlich der Verschiebung der Bewertung. Angenommen, der Kunde hat im Gespräch der Zufriedenheit eine – 3 gegeben. Nun lässt sich direkt im Anschluss an diese Bewertung folgende Zusatzfrage einbringen: „Was müsste passieren, damit ihre Bewertung auf eine 0 kommt … oder noch besser, auf eine + 1 steigt?“ 

Ich hoffe, sie erkennen die riesige Chance, die sich aus dieser Frage gerade im persönlichen Gespräch ergibt – vor allem, wenn man den Sprung nicht zu groß wählt. Einem Sprung von 3 oder maximal 4 Punkte können die meisten Kunden folgen und hier entsprechende Vorschläge formulieren. Wählt man aber einen Sprung von -3 auf + 7, dann überfordert das die meisten Menschen.

Es geht immer noch einen Schritt weiter

Wer die Auswahl hat, der muss abwägen, bewerten und entscheiden

Pexels / Pixabay

Doch an dieser Stelle ist noch nicht Schluss. Wenn der Kunde seine Vorschläge und Ideen formuliert hat, was seine Bewertung auf eine + 2 bringen könnte, dann kann man nach dem nächsten Sprung, beispielsweise auf + 5, fragen. Das könnte dann in etwa so klingen: „Okay, wir sind jetzt bei +2. Was müssten wir tun, damit ihre Zufriedenheit auf, sagen wir, + 5 steigt?“ Auch hier gilt, den Sprung klein zu halten, damit der Kunde nicht aussteigt, weil er sich den gewünschten Sprung nicht mehr vorstellen kann. Doch interessanterweise kann man, wenn der Kunde einen Wunsch formuliert hat, nach noch einem weiteren Sprung, beispielsweise auf eine + 7 fragen. Ist das Gespräch im Gange, dann kann man am Ende ruhig auch nach einem weiteren Sprung, nämlich auf + 9, fragen.

Meine Empfehlung, sprechen sie mit ihren Kunden und finden sie heraus, wo sie stehen und was sie noch alles tun können, damit ihre Kunden noch zufriedener werden.

Beim Bewerten ist das Bauchgefühl gefragt

Doch was ist, wenn sie die Zufriedenheit nicht direkt abfragen können? Ganz einfach, sie können auch selbst definieren, wo sich Kunden ihrem Gefühl nach befinden. Sicher ist diese Bewertung dann eher willkürlich und basiert auf ihrem Bauchgefühl. Trotzdem kann das helfen, sofern sie sich selbst nicht direkt bei der + 9 platzieren. Seien sie einfach realistisch – nicht zu streng, aber vermeiden sie auch den Blick durch die rosarote Brille.

Das, was jetzt kommt, ist identisch zu dem, was sie beim Kunden im Gespräch abfragen. Nur mit einem kleinen Unterschied. Jetzt überlegen sie selbst, was sie unternehmen können, um auf eine + 3, + 5, + 7 und am Ende auf eine + 9 zu kommen. Dieses Werkzeug ist auch im Team ideal, um Ideen zu entwickeln, neue Standards zu setzen oder um Standards kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Beispiel 2: So bewerten sie die Anzahl der Touch-Points bis Auftrag

Was in die eine Richtung funktioniert, das kann auch für eine Entwicklung in die andere Richtung genutzt werden. Jeder Kunde und jeder Auftrag kostet Geld. Hierbei kann man mit einem Wert als Gesamtdurchschnitt kalkulieren oder die Gesamtkosten werden auf die jeweiligen Touch-Points (Kontaktpunkte mit dem Kunden) umgelegt. Die klassische Customer Journey besteht aus sieben Schritten bis zu Kaufentscheidung. Dabei lässt sich meist jeder einzelne dieser Punkte wiederum in mehrere mögliche Touch-Points aufgliedern. Das hängt einfach von der Struktur des Prozesses und der Qualität der Inhalte ab. Doch Eines haben alle einzelnen Touch-Points als Gemeinsamkeit – sie kosten Geld. Zum einen für die Erstellung und zum anderen anteilig für Wartung und Pflege der Inhalte. 

Genau an dieser Stelle kommt die Skala wieder zum Einsatz. Im kreativen Prozess kann einerseits überlegt werden, wie die Anzahl der Touch-Points reduziert und andererseits die Qualität so erhöht wird, dass mit weniger Touch-Points am Ende eine höhere Conversion realisiert wird. 

Bei der Anzahl der Touch-Points kann die Skala zum Bewerten wie folgt eingesetzt werden:

  1. Zuerst wird ein üblicher Durchschnitt als Berechnungsgrundlage gewählt. Das ist zum Bewerten der Nullpunkt der Skala. Hierzu braucht es idealerweise zum Bewerten Zahlen, Daten und Fakten aus der Vergangenheit. Diese lassen sich in einigen Fällen aus der Web-Analyse ableiten oder man greift auf interne Erfahrungswerte zurück.
  2. Liegen keine konkreten Zahlen zum Bewerten vor, dann sollte man sich in der eigenen Branche umschauen, um hier entsprechende Vergleichswerte zu bekommen.
  3. Danach betrachtet man all seine eigenen Aktionen, addiert die eigenen Touch-Points und setzt diese in Bezug auf die jeweilige Conversion. 
  4. Nun addiert man alle Touch-Points und kommt zum Bewerten. Liegt die Anzahl der Touch-Points deutlich über dem Durchschnitt, dann wird das beispielsweise mit einer + 7 oder + 8 gekennzeichnet. Befindet sich die Anzahl der Touch-Points unter dem Durchschnitt, dann definiert man die Position auf der Skala bei einer – 3 oder – 5. Hier muss man einfach für sich selbst überlegen, welche einheitlichen Standards gesetzt werden, um den jeweiligen Punkt auf der Skala zu definieren.
  5. Im nächsten Schritt geht es darum, die Qualität jedes einzelnen Touch-Points zu bewerten. Ziel hierbei ist es, die Qualität ebenfalls, jeweils auf einer eigenen Skala pro Touch-Point, zu bewerten. Qualitativ schlechte Touch-Points bekommen hierbei einen negativen Wert, hochwertige Touch-Points einen positiven Wert.
  6. Danach beginnt eine lange Phase von einzelnen Tests. Zum einen kann die Anzahl von Touch-Points reduziert werden. Testweise können ja die qualitativ schlechten Touch-Points einfach aus dem Prozess herausgenommen werden. Anhand von Anzahl und Umsatz pro Conversion ermitteln sie dann, wie erfolgreich die Veränderung ist.
  7. Schritt für Schritt können so alle Touch-Points auf den Prüfstand gestellt werden, die Qualität einzelner Touch-Points wird erhöht und die jeweilige Conversion wird im Auge behalten. Dieser Prozess braucht Zeit. Je nach Projektgröße, Anzahl der Touch-Points und Traffic kann das einige Wochen oder Monate in Anspruch nehmen. Entscheidend an dieser Stelle ist aber, dass durch diesen Prozess Zahlen, Daten und Fakten gesammelt werden, um später schneller bessere Entscheidungen zu treffen.

Dieses Beispiel geht sehr stark in das Thema Suchmaschinenoptimierung (SEO) und Vertriebsoptimierung hinein. Insgesamt ist das ein sehr umfangreiches Thema, das ich hier nur sehr abgekürzt behandelt habe. Ich hoffe allerdings, dass Sie den praktischen Nutzen der Skala auch hier erkennen, um an vielen Stellen der Erfahrung und dem Bauchgefühl eine konkrete Messgröße zuzuordnen.

Gerade wenn es um die Qualität der einzelnen Touch-Points geht, ist die Skala ideal, um hier die Qualität schrittweise zu verbessern, indem die eigenen Standards gesetzt, erfüllt, übertroffen, kontrolliert und weiterentwickelt werden. Dabei spielen natürlich die jeweiligen Inhalte der Touch-Points, also der Content bzw. die Texte, eine große Rolle.

Wie kann man diese Skala zum Bewerten für verkaufsstarke Texte einsetzen?

Ich habe dieser Skala aus guten Grund hier sehr viel Raum gegeben, denn dieses Werkzeug lässt sich praktisch für alle Prozesse, Bewertungen und Standards anwenden. Ich habe das Konzept für diese Skala 2002 durch Anthony Robbins als Quality Quantifier kennengelernt. Die Idee habe ich auf Anregung eines Kollegen leicht modifiziert und seitdem nutze ich meine Skala für praktisch alles. Also sowohl im Coaching, bei Personalgesprächen, Strategie-Workshops und auch in Ideengesprächen mit Kunden und natürlich auch bei der Entwicklung von Zielen, Prozessen und Standards. Überall leistet die Skala hervorragende Dienste.

Genau das bringt uns zu verkaufsstarken Texten. Hier kommt die Skala an zwei Stellen zum Einsatz: 

  1. Bei der Bewertung von Überschriften, Unterüberschriften und zentralen Aussagen kann man sich immer wieder fragen, wie stark der jeweilige Text auf der Skala von – 9, über 0 und + 9 ist. Hat man seine Position gefunden, dann kann man davon ausgehend fragen, wie man den Standard anheben und so der Text verkaufsstärker machen kann.
  2. Angefangen hat alles mit dem Spannungsfeld zwischen Schmerz und Freude und die Skala bildet ja genau dieses Spannungsfeld ab. Nimmt man beispielsweise eine Textpassage, die eine negative Konsequenz beschreibt, dann kann man auch hier überlegen, wie stark die negative Konsequenz dargestellt wird. Gibt man hier beispielsweise eine – 4, dann kann man von hier ausgehend überlegen, wie man zuerst auf eine – 6, dann auf eine – 8 und am Ende auf eine – 9 kommen kann. Bei positiven Aussagen funktioniert das Ganze natürlich auch in die andere Richtung. Letztlich kommt es hierbei darauf an, den Schmerz zu verstärken bzw. die Freude zu erhöhen.
  3. Bei manchen Angeboten kommt es darauf an, möglichst viel Nutzen in die Waagschale zu legen. Auch hier treibt die Skala den kreativen Prozess an, um die eigenen Standards zu verschieben. Ich denke, das Prinzip dürfte klar sein.
  4. Bei manchen Inhalten und Aussagen kommt es aber auch darauf an, dass diese abgeschwächt werden. Mit Hilfe der Skala lässt sich auch hier der kreative Prozess aktivieren, um in die entsprechende Richtung zu denken.

Fazit

Letztlich ist der Einsatz der Skala, gerade wenn es um kreative Prozesse geht, rein willkürlich. Das ist aber vollkommen okay. Am Ende kann man alles bewerten und auf der Skala platzieren. Sofern man sich vorher genau überlegt, nach welchen Kriterien bei der Bewertung einfließen und das man sich auch im Team darüber einig ist.

Meine Empfehlung: Spielen sie mit der Skala in allen nur erdenklichen Situationen und Gesprächen. Experimentieren sie und finden sie heraus, wie sie die Skala selbst einsetzen können. Ich bin mir absolut sicher, dass auch sie überrascht feststellen werden, wie dieses kleine und scheinbar einfache Werkzeug ein Gespräch am Laufen halten kann und so neue Ideen gefunden bzw. neue Standards gesetzt werden.

An anderen Stellen werde ich diese Skala immer wieder zum Einsatz bringen. Dadurch werden sie in der Praxis noch sehr viel mehr Möglichkeiten entdecken, wie sie diese Skala höchst wirkungsvoll einsetzen können.

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Über den Autor:

Mein Name ist Marc Perl-Michel. Ich bin seit rund 30 Jahren selbstständiger Werbe- und Marketingberater mit dem Schwerpunkt auf das Konzipieren und Schreiben von verkaufsstarken Angeboten und Werbetexten für Vertrieb, Kundengewinnung und Content-Marketing. In dieser Eigenschaft schreibe ich Texte für Klienten, helfe als Content-Coach und halte auch Vorträge zu meinem Haupttehma: 100 % KUNDISCH – mehr muss nicht sein ... aber auch nicht weniger!
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